Änderung der Approbationsordnung: Eine Chance für Medizinstudenten

Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit – Ein Arbeitgeber hat mehr Rechte als manchem Arbeitnehmer lieb ist

Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit – 1 selten genutztes Instrument

Haben Sie als Arbeitgeber schon einmal den Verdacht gehabt, dass einige Ihrer Mitarbeiter Krankmeldungen als Möglichkeit ansehen, um mehr Urlaubstage zu bekommen, besonders an Brückentagen oder nach der Kündigung? Diese Situationen belasten nicht nur Ihre Finanzen, sondern auch die Moral der gesamten Belegschaft und werfen Fragen zur tatsächlichen Krankheit auf. Im Jahr verursacht die Lohnfortzahlung bei unberechtigten Krankmeldungen Kosten von rund 5,5 Milliarden Euro. In meinem Artikel erkläre ich, wie Sie sich als Arbeitgeber wehren können, wenn Sie an der Arbeitsunfähigkeit von krankgemeldeten Mitarbeitern zweifeln. Dabei ist es wichtig, dass Sie als Arbeitgebers Ihre Zweifel sorgfältig abwägen, um das Verhältnis zu Ihren Mitarbeitern nicht zu belasten. Lesen Sie weiter, um mehr über Ihre Rechte und Handlungsmöglichkeiten zu erfahren.

Eine Krankmeldung ist nie schön.

Der Brückentag naht…. Meldet sich Frau Schmidt wieder krank?

Sie kennen als Arbeitgeber die Situation leider nur zu gut: Das lange Wochenende mit einem Brückentag naht und pünktlich am Mittwoch morgen kommt die Krankmeldung von Frau Schmidt, die sich schon an den letzten beiden Brückentagen krankgemeldet hat.

Dass Herr Meier kündigt und fast zeitgleich eine AU einreicht, überrascht Sie auch nicht mehr, das ist mittlerweile schon fast Standard. Dabei war er gestern noch das blühende Leben und ist auf einmal für sechs Wochen außer Gefecht.

Natürlich kann jeder Mensch plötzlich krank werden oder einen Unfall haben, allerdings sind manche Zufälle bei AU so zufällig, dass sich ein schlechtes Bauchgefühl bei uns Arbeitgebern einschleicht und wir daran zweifeln, dass die Arbeitsunfähigkeit wirklich besteht.

Das tut finanziell weh – ist aber nur der kleinere Teil Ihres Problems

Wenn Sie auf die Lohnfortzahlung schauen, trösten Sie sich vielleicht damit, dass Sie über das AAG einen Teil der Kosten erstattet bekommen, wenn Sie weniger als 30 Mitarbeiter haben. Das ist aber kein Grund, sich solch ein Verhalten bieten zu lassen.

Viel schlimmer ist die Wirkung auf die anderen Mitarbeiter. Sie müssen für das unkollegiale Verhalten bluten und werden sich irgendwann die Frage stellen, warum sie sich das überhaupt antun.

Offensichtlich ist es einfach, nicht arbeiten zu müssen und trotzdem zu 100% bezahlt zu werden. Irgendeinen Arzt, der Erst- und Folgebescheinigungen ohne genaue Prüfung ausstellt, werden auch die Mitarbeiter finden, die bisher mitgezogen haben. Solche Krankschreibungen können erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn sie nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Im Zweifel fragen sie einfach die “Kollegen”, die das System des Urlaubs auf Krankenschein perfektioniert haben.

Bei den letzten Kündigungen von Mitarbeiterinnen (denen ich keine Träne nachweine), haben mir die Mitarbeiter prophezeit haben, was passieren wird: “Warte nur ab, zuerst ist Mary 6 Wochen bis Ende April krank und danach wird Elisa für 6 Wochen bis Ende Juni krank werden.”

Natürlich ist das genauso passiert.

Haben Sie auch keine Sorge, bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit tätig zu werden. Das Feedback meiner Mitarbeiterinnen hat bei mir jeden Zweifel ausgeräumt: “Endlich machst Du mal was dagegen.”

Übrigens finden Sie hier einen Rechner, mit dem Sie schnell berechnen können, bis wann Ihre kranken Mitarbeiter Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben.

Falsche Krankmeldungen verursachen einen hohen Schaden!

Zweifelhafte Arbeitsunfähigkeiten verursachen einen enormem volkswirtschaftlicher Schaden

Diese Leute schädigen nicht nur uns und unsere Mitarbeiter, sondern auch das Solidarsystem und die Volkswirtschaft.

Legt man den durchschnittlichen Bruttolohn aus dem April 2024 von knapp 4.300 EUR zugrunde, so liegt die Lohnfortzahlung pro Tag bei knapp 200 EUR.

Bei ungefähr 15 Krankheitstagen pro Jahr und 35 Millionen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter beträgt die Summe der Lohnfortzahlung fast 110 Mrd. EUR pro Jahr!

Wenn nur 5% aller Krankheitstage unberechtigt sind, muss irgendjemand 5,5 Mrd. EUR Jahr für Jahr aufbringen, um die Leute zu finanzieren, die Krankmeldungen als persönlichen Zusatzurlaub sehen.

Für diese Arbeitnehmer und die Ärzte, die einfach solche AU ausstellen, ist das kein Problem, denn geschädigt wird ja nur der böse Arbeitgeber.

Nur stimmt das nicht. Die Kosten für die Lohnfortzahlung kalkuliert jeder wirtschaftlich denkende Arbeitgeber mit ein und legt sie auf seine Preise um. Die 5,5 Mrd. EUR zahlen wir also alle über höhere Preise im Supermarkt, bei Handwerker und beim Steuerberater.

Diese 5,5 Mrd. EUR könnte man erheblich sinnvoller verwenden:

  • Wenn Sie Kinder haben, werden Sie sicherlich oftmals über den Unterrichtsausfall fluchen. Mit 5,5 Mrd. EUR könnten wir über 90.000 neue Lehrer einstellen und der Unterrichtsausfall gehört der Vergangenheit an.

  • Man könnte pro Jahr 1.100 neue Windräder bauen oder 550 Kilometer maroder Autobahnen sanieren.

  • Im Rahmen der sicherheitspolitischen Zeitenwende könnte man davon auch 600 Leopard 2 kaufen und unsere Verteidigungsfähigkeit stärken.

Jedem von Ihnen fallen auf Anhieb sicher noch mehr Beispiele ein, was die Volkswirtschaft mit diesen 5,5 Mrd. EUR pro Jahr (!) anfangen könnte.

Was für ein Projekt es auch ist, das Geld ist besser angelegt als darin, faulen Mitarbeitern zusätzliche Urlaubstage zu verschaffen. Besonders häufige Krankheiten und wiederholte Krankmeldungen können zu erheblichen Zweifeln an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit führen.

Ein Arzt muss die Arbeitsunfähigkeit feststellen, der Mitarbeiter muss sich krankmelden.

Eine von einem Arzt bescheinigte AU hat einen hohen Beweiswert

Bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit sitze ich doch ohnehin am kürzeren Hebel!

Es spricht also viel dafür, sich nicht alles gefallen zu lassen, wenn Sie an der Arbeitsunfähigkeit zweifeln.

Nur sind Sie kein Arzt, der kranke Mitarbeiter ist nicht verpflichtet, Ihnen seine Diagnose mitzuteilen und der krankschreibende Arzt wird sich immer auf seine Schweigepflicht zurückziehen.

Wir sitzen gegenüber den Leuten, bei denen wir und auch unsere loyalen und guten Mitarbeiter ein übles Bauchgefühl haben, am kürzeren Hebel. Also haben wir als Arbeitgeber ja gar keine andere Wahl, als die Faust in der Tasche zu ballen, stillschweigend zu zahlen und zu hoffen, dass die anderen Mitarbeiter von den faulen Äpfeln im Korb nicht angesteckt werden. Die Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie definiert spezifische Anforderungen, die erfüllt sein müssen, um die Gültigkeit der Dokumente zu gewährleisten.

Aber ist das wirklich so?

Schließlich ist der volkswirtschaftliche Schaden beträchtlich, den unberechtigte Krankmeldungen verursachen und es ist auch im Sinne des Gesetzgebers, Möglichkeiten zu schaffen, den Missbrauch des Solidarsystems zu erschweren.

Dafür hat der Gesetzgeber den § 275 SGB V geschaffen.

Genau genommen müssten auch die gesetzlichen Krankenkassen nach § 275 SGB V von sich aus tätig werden, wenn sie Anhaltspunkte haben, dass Krankenmeldungen unberechtigt sind, z. B. wenn Versicherte auffällig häufig am Anfang oder Ende der Woche krankgeschrieben werden. Ich lehne mich mit der Behauptung aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass das noch nie passiert ist. Ich lasse mich aber sehr gerne vom Gegenteil überzeugen.

Für uns als Arbeitgeber ist aber viel wichtiger, dass wir das Recht haben, eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Diensts der Krankenkassen nach § 275 Abs. 1a S. 3 SGB V anzufordern.

Was kann dazu führen, dass Sie an der Arbeitsunfähigkeit zweifeln?

Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit können medizinische, rechtliche oder sonstige Ursachen haben, wie z.B. eine auffällige Krankschreibung. Solche Zweifel können z. B in diesen Fällen vorliegen:

  • häufige Arbeitsunfähigkeit wegen wechselnden leichter Befindlichkeitsstörungen,

  • Attestierung von Arbeitsunfähigkeit außerhalb des Fachgebietes des Arztes,

  • häufiger Arztwechsel,

  • erneute Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit durch einen anderen Arzt nach Feststellung von Arbeitsfähigkeit durch den bisher behandelnden Arzt oder den MD,

  • regelmäßige Arbeitsaufnahme vor der ersten Einladung zur sozialmedizinischen Begutachtung durch den MD,

  • Fehlverhalten des Arbeitnehmers im Hinblick auf das bescheinigte Krankheitsbild,

  • Arbeitsunfähigkeitsmeldung nach innerbetrieblichen Differenzen oder nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses,

  • vorherige Ankündigung der Arbeitsunfähigkeit durch den Arbeitnehmer,

  • AU und das Verhalten des Arbeitnehmers auf sozialen Medien passen nicht zusammen.

Bitte betrachten Sie die Krankenkasse als unsere Verbündete im Kampf gegen unberechtigte Krankmeldungen. Sie werden durch die Krankmeldungen genauso geschädigt wie wir.

Mangels Wissen werden die allermeisten Arbeitgeber von diesem Instrument aber noch nie Gebrauch gemacht haben. Die Vorschrift ist in der Tat ja auch gut versteckt!

Das sollten wir aber tun, denn immerhin hat sogar das notorisch arbeitnehmerfreundliche BAG geurteilt, dass Arbeitsunfähigkeiten in begründeten Verdachtsfällen keinen großen Beweiswert mehr haben, sondern das dann die Beweislast auf den Arbeitnehmer übergeht. Eine ordnungsgemäße Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist dabei ein wichtiges Beweismittel.

Was tun, Sie an der Arbeitsunfähigkeit zweifeln?

Reden Sie miteinander.

Erster Schritt:

Reden Sie mit Ihrem Arbeitnehmer!

Die meisten unserer Mitarbeiter sind wirklich krank und durch eine Meldung bei der Krankenkasse setzen wir sie dem Verdacht aus, bei der Arbeitsunfähigkeit geschummelt zu haben.

Mit einem offenen Gespräch schaffen Sie Vertrauen und beugen Misstrauen vor. Außerdem mag es den einen oder anderen faulen Äpfel abschrecken, wenn er weiß, dass sein Verhalten nicht unbemerkt geblieben ist.

Zweiter Schritt:

Kann das Gespräch Ihre Zweifel nicht ausräumen, wenden Sie sich an die Krankenkasse Ihres Mitarbeiters.

Sie müssen Tatsachen vortragen, die geeignet sind, den Beweiswert eines ärztlichen Attests ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Es reicht nicht, einfach nur ins Blaue hinein eine Anfrage zu stellen.

Nach § 275 Abs. 1a S. 4 SGB V kann die Krankenkasse nämlich davon absehen, ein Gutachten anzufordern, wenn sich aus den ihr vorliegenden Unterlagen ergibt, dass die AU zu Recht besteht.

Oben habe ich Gründe aufgeführt, die Zweifel begründen können. In einem meiner Fälle hat sich die “kranke” Mitarbeiterin gegenüber einer Kollegin damit gebrüstet, sich erst mal auf meine Kosten erholt zu haben und dann von mir die Auszahlung des nicht genommenen Urlaubs zu verlangen. Sie hat leider unterschätzt, wie “angepisst” die Kollegin von diesem Verhalten war, die damit zu mir gekommen ist und mir die Nachricht gezeigt hat.

Mit solchen Zweifeln wird es der Krankenkasse schwer fallen, Ihr Verlangen nach einem Gutachter nicht zu berücksichtigen, zumal sie davon zumindest dann auch unmittelbar geschädigt ist, wenn das Umlageverfahren U1 greift.

Vergessen Sie auch nicht, dass § 275 Abs. 1a S. 2 SGB V verlangt, dass die Prüfung unverzüglich nach der Vorlage der AU beantragt werden muss. Die AU-Bescheinigung muss dabei den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, um den Beweiswert zu gewährleisten.

Leider heißt das hier wirklich sofort! Der Medizinische Dienst kann nur dann eine Beurteilung durchführen, ob Ihr Verdacht gerechtfertigt ist, wenn der Arbeitnehmer noch krankgeschrieben ist. Zweifeln Sie an der Arbeitsunfähigkeit, stellen Sie am besten noch am Tag der Krankmeldung den Antrag auf gutachterliche Stellungnahme.

Was passiert nach meinem Antrag?

Weicht das Gutachten des Medizinischen Dienstes vom ärztlichen Attest ab, werden zunächst nur der Arzt und die Krankenkasse informiert. Der Arzt ist dann aufgefordert, sich detailliert zum Sachverhalt zu äußern und die Zweifel des Medizinischen Dienstes ausräumen. Gelingt ihm dies nicht, so erhalten Sie eine Information darüber, ob und bis wann der Medizinische Dienst eine AU bestätigt. Dies kann die Gültigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen beeinflussen und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Daraus können Sie arbeitsrechtliche Konsequenzen ableiten.

Es kann daher Sinn machen, die Entgeltfortzahlung solange zu verweigern, bis Sie eine Rückmeldung von der Krankenkasse erhalten haben. Sollten Sie bereits eine Entgeltfortzahlung geleistet haben, fordern Sie diese von Ihrem Mitarbeiter zurück.

Bitte stimmen Sie solche Schritte aber immer mit einem Ihrem Rechtsanwalt ab!

Mit dem sollten Sie auch reden, wenn Sie weitere rechtliche Schritte gegen Ihren Arbeitnehmer erwägen.

Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit sollen Sie mit einem Anwalt klären.

Keine Rechtsberatung im Einzelfall

Meine Ausführungen stellen keine Rechtsberatung im Einzelfall dar, sondern sind nur dazu gedacht, allgemeine rechtliche Informationen zur Verfügung zu stellen.

Ich empfehle Ihnen, sich bei konkreten Fragen bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit an einen auf Arbeits- und Sozialrecht spezialisierten Fachanwalt zu wenden, insbesondere dann, wenn Sie arbeitsrechtliche Schritte in Erwägung ziehen (z. B. die vorläufige Verweigerung der Entgeltfortzahlung).

Dazu arbeite ich mit der Rechtsanwaltsgemeinschaft Grollmann aus Recklinghausen zusammen, die über umfassende Expertise in beiden Rechtsgebieten verfügt.

Beziehen Sie sich bei Ihrer Kontaktaufnahme gerne auf mich.

 

Steuerbelastung bei GmbH und KG – Eine Fallstudie

Die vermögensverwaltende GmbH: Wann lohnt sich diese Form der Immobilieninvestition?

Zahlung eines Zusatzbeitrags ins Versorgungswerk – Sinnvoll oder nicht?

Die Wirtschafts-Identifikationsnummer – Was Unternehmer jetzt wissen müssen

Vielleicht haben Sie schon mal von der Wirtschafts-Identifikationsnummer (Wirtschaftsidentifikationsnummer) gehört, sind sich aber nicht sicher, was das genau ist und was Sie jetzt tun müssen? Keine Sorge – wir klären das für Sie!

Wozu dient die Wirtschafts-Identifikationsnummer?

Die Wirtschafts-Identifikationsnummer (Wirtschaftsidentifikationsnummer) hat der Bundestag im Jahr 2020 beschlossen.

Mit dieser neuen Nummer hat sich die Idee verborgen, die Effizienz und Digitalisierung der Steuerverwaltung zu verbessern, Steuerbetrug innerhalb der EU besser zu bekämpfen und den Austausch zwischen Behörden, Sozialversicherungsträger und anderen Institutionen zu verbessern. Außerdem dient sie als bundeseinheitliche Wirtschaftsnummer zur Identifikation nach dem Unternehmenbasisdatenregister gesetzt. Nie gehört? Keine Sorge, wir auch nicht. Bis hier etwas passiert, das für Sie als Unternehmer relevant ist, dauert es noch.

Wie diese Nummer aussehen soll, wie sie vergeben wird und wann und wie sie genutzt werden soll, war jedoch bis zu diesem Jahr nicht klar.

Nach immerhin schon 4 Jahren haben die Bundes- und Länderverwaltungen sich darauf geeignet, wie sie aussehen und ab wann sie verwendet werden soll.

Konkrete Nutzungsszenarien liegen aber noch nicht vor.

Wie bisher brauchen Unternehmen auch weiterhin zwei steuerliche Identifikationsmerkmal: Die Steuernummer des zuständigen Finanzamts und die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer werden uns auch die nächsten Jahre begleiten.

Wer bekommt eine Wirtschaftsidentifikationsnummer und wie sieht sie aus?

Jedes Unternehmen in Deutschland – egal ob Einzelfirma, GmbH oder Personengesellschaft – bekommt eine Wirtschafts-Identifikationsnummer.

Nach 4 Jahren Diskussionen auf der Bund-Länder-Ebene ist man zu der Entscheidung gelangt, dass die Wirtschaftsidentifikationsnummer mehr oder weniger der USt-ID ähnelt. An die USt-ID wird lediglich ein fünfstelliges Identifikationsmerkmal angehängt.

Sofern Ihr Unternehmen bereits über eine USt-ID verfügt, wird die Wirtschaftsidentifikationsnummer folgendermaßen aussehen:

DE123456789-00001

Man könnte sich fragen, was an diesem Vorschlag 4 Jahre gedauert hat.

Wie bekomme ich die Wirtschaftsidentifikationsnummer mitgeteilt?

Da die Wirtschaftsidentifikationsnummer auf der USt-ID beruht, hat sich die Verwaltung ein zweistufiges Verfahren ausgedacht, um die Wirtschaftsidentifikationsnummer zuzuteilen. Erfreulich ist, dass es kein Antrag gestellt werden muss oder keine sonstigen Tätigkeit zur Erteilung notwendig ist.

Es besteht bereits eine USt-ID

Das Verfahren zur Mitteilung der Wirtschaftsidentifikationsnummer ist erfreulicherweise für die Unternehmer einfach, die bereits eine USt-ID haben. Für diese Unternehmer wird es keine individuelle Benachrichtigung geben, da die Wirtschaftsidentifikationsnummer aus der USt-ID abzuleiten ist.

Es wird im Bundesgesetzblatt irgendwann nach November 2024 eine öffentliche Mitteilung geben. Sie müssen also nichts weiter tun.

Es besteht noch keine USt-ID

Sollten Sie noch keine USt-ID haben, wird durch das Bundeszentralamt für Steuern für Sie eine Wirtschaftsidentifikationsnummer zugeteilt. Das wird aber erst ab dem 3. Quartal 2025 passieren.

Wenn Sie uns eine Vollmacht erteilt haben, wird uns Ihre Wirtschaftsidentifikationsnummer mitgeteilt. Wir leiten die Wirtschaftsidentifikationsnummer an Sie weiter. Wenn Sie uns noch keine Vollmacht erteilt haben, wenden Sie sich bitte an uns. Wir leiten Ihnen die notwendigen Formulare zu.

Haben Sie keinen Steuerberater bevollmächtigt, müssen Sie sich in ELSTER registrieren. Die Zuteilung der Wirtschaftsidentifikationsnummer wird nur elektronisch über diesen Weg erfolgen.

Wann wird die Wirtschaftsidentifikationsnummer wichtig?

Aktuell ist die Wirtschafts-Identifikationsnummer noch nicht verpflichtend in der Praxis, aber es ist absehbar, dass sie in den kommenden Jahren eine größere Rolle in Steuerprozessen spielen wird. Also: Noch gibt es keinen Handlungsbedarf.

Ab 2026 soll die Wirtschaftsidentifikationsnummer dann sukzessive die Steuernummer und die USt-ID ablösen. Außerdem müssen Banken und Versicherungen ab dann die Wirtschaftsidentifikationsnummer melden, wenn sie gesetzlich vorgeschriebene Meldungen an Behörden abgeben.

Ab 2030 soll dann ein Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden der EU-Länder erfolgen.

Ich habe noch weitere Fragen!

Das Bundeszentralamt für Steuern hat eine FAQ-Seite bereitgestellt, auf der die häufigsten Fragen beantwortet werden.

Fazit

Die Wirtschafts-Identifikationsnummer soll steuerliche Prozesse in Deutschland auf lange Sicht einfacher und effizienter machen. Zwar müssen Sie jetzt noch nicht aktiv werden, aber es schadet nicht, sich schon mal damit auseinanderzusetzen. Behalten Sie Ihre Nummer im Blick und bleiben Sie informiert.

Wenn Sie Fragen zur Wirtschaftsidentifikationsnummer haben oder Unterstützung bei steuerlichen Angelegenheiten benötigen, sind wir gerne für Sie da!

Urteil des FG Niedersachsen: Die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten hängt auch an der neuen Miete!

Planen Sie als Vermieter gerade umfangreiche Renovierungen in Ihrer Immobilie, um höhere Mieten erzielen zu können? Dann ist das Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen vom 17. März 2023, Az 15 K 17/21 für relevant.

Dieses Urteil macht die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten für Vermieter unberechenbarer. Die Vermieter hat das Erdgeschoss eines vermieteten mehrstöckigen Gebäudes teuer umbauen lassen, um höhere Mieten erzielen zu können. Daraus haben das Finanzamt und auch das Finanzgericht Niedersachsen ihr einen Strick gedreht und die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten aufgeweicht. Wenn Umbaumaßnahmen dazu führen, dass höhere Mieten erzielt werden können, sollen statt Erhaltungsaufwand Herstellungskosten vorliegen.

Wir erklären Ihnen, was das Urteil für Sie bedeutet und was Sie jetzt tun müssen.

Was war passiert?

Die klagende GbR besitzt ein zu 100% fremdvermietetes Geschäftshaus, in dem sie das Erdgeschoss bisher an einen Supermarkt vermietet hat. Die Räumen in den übrigen Stockwerken waren und sind an diverse Ärzte vermietet worden.

Nachdem der Mietvertrag mit dem Supermarkt einvernehmlich zwischen dem bisherigen Mieter und der Vermieter beendet worden war, hat die GbR das Erdgeschoss aufgeteilt. umgebaut und dann an eine Apotheke und eine Bäckerei vermieten.

Dazu waren umfangreiche Umbauten notwendig, die alleine schon aus der notwendigen Aufteilung der bisher durch einen Mieter genutzten Fläche in jetzt 2 Flächen resultieren. Allerdings war die Gesamtfläche vor und dem Umbau mit 620qm gleich.

Was hat die Vermieterin umbauen lassen?

Die GbR hat unter anderem folgende Arbeiten ausführen lassen:

Einbau zusätzlicher Fenster an allen vier Seiten der Erdgeschoss-Außenfassade,

  • Schaffung eines zweiten Eingangsbereichs,
  • Einbau neuer Innentüren,
  • Einbau von Noteingangstüren,
  • Ersatz des vorhandenen Bodenbelags durch Bodenfliesen, Teppichboden bzw. PVC-Plankenbelag,
  • Erneuerung der bereits vorhandenen abgehängten Decken im Verkaufsraum,
  • einen Neuanstrich mit Dispersionsfarbe,
  • eine Ergänzung der Frisch- und Abwasserinstallationen sowie der Elektroinstallationen,
  • Einbau einer elektromechanischen Be- und Entlüftungsanlage in der künftigen Apotheke sowie den innenliegenden Räumen des Bäckerei-Cafés,
  • Schaffung neuer Sanitäranlagen, insbesondere für das Café,
  • die Aufteilung der bisher einheitlich genutzten Fläche in zwei separate Einheiten unter Zuhilfenahme einer 17,5 cm starken Gipskartonwand mit beidseitiger Beplankung.

In Summe kostet der gesamte Umbau knapp TEUR 500. Faktisch hat der Vermieter hier nur den Investitionsstau der letzten Jahre beseitigt. Laut seinen Ausführungen im Urteil ist seit 1974 keine größere Erhaltungsmaßnahme im Erdgeschoss durchgeführt worden.

Der Umbau war klar darauf ausgerichtet, eine höhere Miete erzielen zu können

Der Umbau rechnete sich aber, weil nur für das Erdgeschoss eine neue Jahresmiete von TEUR 112 statt wie vor dem Umbau TEUR 41 vereinbart wurde. In Bezug auf das Gesamtgebäude ist die Miete um knapp 40% durch die neuen Mietverträge gestiegen. Es war laut dem Vortrag der Vermieterin auch beabsichtigt, höhere Mieten zu erzielen. Gegenüber dem Supermarkt war eine höhere Mietforderung nicht durchsetzbar.

Der Umbauaufwand wurde als Erhaltungsaufwand sofort abgezogen

Die GbR hat den gesamten Aufwand als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand behandelt.

Diesen Ansatz kann ich gut nachvollziehen.

Es fand keine Standardhebung von mindestens 3 der 4 kritischen Gewerke statt und es wurde auch keine neue Vermietungsfläche geschaffen. Es wurde lediglich die bisher vermietete Fläche anders aufgeteilt. Vor und nach der Umbaumaßnahmen wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.

Das Finanzamt sieht die Schaffung einer „neuen Verwertungsmöglichkeit“ – Erhaltungsaufwand wird zu Herstellungskosten

Leider ist das Finanzamt hier anderer Auffassung. Das hat nämlich mehr als 90% der Kosten als Herstellungsaufwand eingestuft, weil durch den Umbau eine neue Verwertungsmöglichkeit entstanden sei. Wohlgemerkt: Es wird vorher und nachher vermietet, nur eben an jemand anderen!

Das ist der Worst Case, den man sich in einem solchen Fall vorstellen kann: Nicht nur, dass die Kosten nicht sofort abziehbar sind, sie werden auch über 33 Jahre verteilt!

Seine Begründung für diese, gelinde gesagt, überraschende Einstufung ist, dass die Umbaumaßnahmen eine Substanzerweiterung darstellen. Die tragende Begründung dafür ist der Anstieg der Miete. Aus Sicht des Finanzamts ist die Mietsteigerung der Grund für den Umbau gewesen.

Diese Einschätzung dürfte korrekt sein, denn kein Vermieter nimmt freiwillig eine halbe Million Euro in die Hand, um die gleiche Miete wie vorher zu bekommen. Das kann aber kein Argument sein, um die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungsaufwand einfach aufzuheben. Sollte man meinen…

Im Finanzgericht Niedersachsen hat das Finanzamt dafür einen Verbündeten gefunden

Das Finanzgericht Niedersachsen ist allerdings der Argumentation des Finanzamts gefolgt.

Sehr interessant ist, wie das Finanzgericht argumentiert hat, um die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten aufzuweichen. Im Urteil erläutert es nämlich umfangreich, dass keine tiefgreifende Umgestaltung stattgefunden hat, es auch keine Standardhebung gab, keine Erweiterung der Nutzfläche vorlag und keine Erweiterung oder Verbesserung der Bausubstanz stattgefunden hat. An dieser Stelle fragt man sich unwillkürlich, was denn im konkreten Fall dazu führt, dass statt Erhaltungsaufwand Herstellungskosten vorliegen.

Leider folgt das Finanzgericht der Verwaltung und argumentiert über die neuen Mietverträge und die neue Höhe der Mieten. Der Umstand, dass die übrigen Stockwerke an Ärzte vermietet sind, legt das Gericht dem Vermieter nachteilig aus.

Es sieht wie das Finanzamt eine neue Nutzungsmöglichkeit für das Erdgeschoss in der Wechselwirkung zwischen Apotheke, den vorhandenen Ärzten und auch dem Café als möglicher Wartebereich für Patienten.

Nur aus dieser Wechselwirkung heraus sei die deutliche Mietsteigerung möglich gewesen. Diese Mietsteigerung führt aus Sicht des Gerichts zur “Umschaffung” des bisherigen Wirtschaftsguts.

Das Urteil gibt dem Finanzamt ein Werkzeug an die Hand, die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten fast nach Belieben zu verschieden

Planen Sie auch eine Umbaumaßnahme, um höhere Mieten zu erzielen?

Wenn schon ausreicht, dass höhere Mieten nach Umbaumaßnahmen eine “Umschaffung” auslösen, dann kann man das Konzept des Erhaltungsaufwands gleich ad acta legen.

Bei einer Gewerbeimmobilie wird sich bei jeder Änderung der Branche des Mieters eine Umschaffung leicht argumentieren lassen. Und es dürfte die Regel sein, dass eine Neuvermietung zu einer deutlichen Mietsteigerung führt, zumindest wenn die Inflation die Staffelmieten überstiegen hat.

Auch Wohnimmobilien betroffen

Aber auch bei Wohnimmobilien sind der Fantasie der Finanzverwaltung keine Grenzen gesetzt:

Der 75 Jahre alte Vormieter kündigt den Mietvertrag, weil er eine altersgerechtere Wohnung bezieht. Der Vermieter schaut sich den Wohnungsmarkt an und stellt fest, dass in dieser Wohnlage ein großer Bedarf an Wohnung für junge Familien mit 1 Kind ist. Auf dieser Basis teilt er die Wohnung neu auf und macht aus dem großen Wohn- und Schlafzimmer ein paar kleinere Zimmer. Was hindert den Finanzbeamten daran, eine “Umschaffung” der Wohnung anzusehen? Schließlich ist die Zielgruppe nicht mehr der 75 Jahre alte Witwer, sondern 2 knapp 30 Jahre alte Berufstätige mit einem Kind. Dass die dann auch noch eine höhere Miete zahlen, macht die Argumentation noch glaubwürdiger.

Damit werden dann alle Kosten des Umbaus mal eben zu Herstellungskosten. Dass diese Kosten bitte über 50 Jahre abgeschrieben werden, weil im Rahmen des Umbaus ja auch die Bausubstanz verbessert worden ist, versteht sich von selbst.

Die 15%-Grenze hebelt das Urteil auch gleich mit aus. Wenn nämlich schon dem Grunde nach kein Erhaltungsaufwand vorliegen, ist es auch egal, wenn die Kosten weniger als 15% der Anschaffungskosten ausmachen.

Der BFH konnte zur kreativen Auslegung des FG Niedersachsen nicht Stellung nehmen

Das Gericht war sich aber der Anfälligkeit seiner Argumentation bewusst und hat die Revision zum BFH zugelassen. Leider hat die Vermieterin davon keinen Gebrauch gemacht, so dass das Urteil rechtskräftig ist.

Diese Entscheidung verwundert mich. Statt TEUR 500 im Jahr der Arbeiten abzuziehen, kann sie lediglich 10% davon sofort geltend machen. 90% muss sie über 33 Jahre verteilen. Hier würde sich ein Revisionsverfahren vor dem BFH lohnen, auch wenn es keine Gewähr dafür gibt, dass der BFH sich der Auffassung der Finanzverwaltung anschließt.

Bis dahin ist das Urteil aber in der Welt und bietet eine Argumentationshilfe für die Finanzämter, nach Belieben die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten zu ihren Gunsten zu verändern.

Als Vermieter müssen Sie das Risiko aus der aufgeweichten Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten mitdenken

Bis der BFH Gelegenheit hatte, zur Auslegung der Finanzverwaltung Stellung zu nehmen, muss jeder Vermieter, der eine umfangreiche Umbaumaßnahme plant, um seine Immobilie für einen neuen Mieter hübsch zu machen, das Risiko mitdenken, das das Finanzgericht Niedersachsen eröffnet hat.

Das gilt umso mehr, wenn der Vermieter die Immobilie neu erworben hat und eventuell die steuerliche Behandlung in seinem Cash-Flow für den Kapitaldienst mit eingeplant hat.

Wenn Sie für Ihre Immobilie gerade eine umfangreiche Renovierung planen und Ihr Risiko, dass das Finanzamt aus Erhaltungsaufwand Herstellungskosten macht, minimieren wollen, melden Sie sich bei uns.

Wir erarbeiten mit Ihnen zusammen eine Argumentation und Dokumentation, die es dem Finanzamt schwer macht, grenzenlos Herstellungskosten anzunehmen.

Wenn Sie bereits Opfer der neuen Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten geworden sind und sich dagegen wehren wollen, vertreten wir Ihre Interessen auch gerichtlich. Ein Gerichtsverfahren ist nichts Schlimmes, sondern ein Mittel, um sich widersprechende Sichtweisen durch Dritte klären zu lassen.