Zuletzt aktualisiert am 20. November 2021 von Oliver Burchardt

Investitionsabzugsbetrag richtig nutzen – Ein zinsloses Darlehen für kleine und mittlere Unternehmen

Für kleine und mittlere Unternehmen ist die Finanzierung von Investitionen oft ein Kraftakt. Du musst Mitarbeiter bezahlen, Lieferanten warten nicht ewig auf ihr Geld, das Marketing kostet jeden Monat einen ansehnlichen Betrag und jetzt werden Banken zurückhaltender mit Finanzierungszusagen. Wegen Corona, der Halbleiterknappheit und geringerer Transportkapazitäten steigen jetzt auch noch die Preise für Maschinen und andere Investitionsgüter. Gut, dass der Staat sich quasi mit einem zinslosen Darlehen an der Finanzierung Deines Wachstums beteiligt. Ich erkläre Dir, wie Du mit dem Investitionsabzugsbetrag dieses Darlehen bekommst und teure Fehler vermeidest.

Was ist dieser Investitionsabzugsbetrag überhaupt?

Der Gesetzgeber hat schon lange erkannt, dass kleine und mittlere Unternehmen der Motor unserer Wirtschaft sind. Für diese Unternehmen ist der Wettbewerb immer stärker geworden.

Daher hat er steuerliche Begünstigungen für diese Unternehmen in die Steuergesetze aufgenommen. Das sind im Grunde genommen nichts anderes als Subventionen, weil er entweder ganz oder für einen bestimmten Zeitraum auf Steuern verzichtet.

Das Geld, dass Du nicht für Steuern ausgeben musst, steht Dir für andere Ausgaben zur Verfügung.

Bei Investitionen kannst Du mit dem Investitionsabzugsbetrag (ich werde den an manchen Stellen IAB abkürzen, es ist einfach ein zu langes Wort) bis zu 50 % der Ausgaben für Maschinen, Computer oder Fahrzeuge bis zu drei Jahre steuerlich vorziehen. Natürlich beschränken sich die Möglichkeiten nicht nur auf diese drei Güter. Im Gesetz ist von „beweglichen Wirtschaftsgütern“ die Rede, also all die Dinge, die keine Immobilien, Rechte oder Lizenzen sind.

Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen?

Die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags ist seit dem 1. Januar 2020 deutlich einfacher geworden.

Du musst nur vier Voraussetzungen erfüllen:

  1. Der Gewinn Deines Unternehmens liegt unter 200.000 EUR.
  2. Du planst eine Anschaffung innerhalb der nächsten drei Jahre.
  3. Das angeschaffte Wirtschaftsgut wird zu mindestens 90 % betrieblich genutzt.
  4. Das Investitionsgut bleibt mindestens 2 Jahre in Deinem Unternehmen.

Wenn Du diese vier Voraussetzungen erfüllst, dann lies weiter. Ich erkläre Dir im Einzelnen, was Du tun musst, um den Investitionsabzugsbetrag geltend zu machen.

Die Wirkung des Investitionsabzugsbetrags an einem Beispiel durchgerechnet – Was kommt konkret dabei raus?

Ich habe bis hier eine lange Vorrede gemacht, jetzt rechnen wir mal.

Angenommen, Du willst nächstes Jahr eine Maschine anschaffen, die 100.000 EUR netto kostet.

Du erfüllst die Bedingung, dass dein Gewinn weniger als 200.000 EUR beträgt und führst Dein Unternehmen als GmbH. Du versteuerst den Gewinn also pauschal mit 30 % für Körperschaft- und Gewerbesteuer.

Investitionsbetrag 100.000 EUR
Investitionsabzugsbetrag (50 % der Investition) 50.000 EUR
Weniger Steuerzahlung (30 % von 50.000 EUR) 15.000 EUR

Mit diesen 15.000 EUR kannst Du 15 % der Maschine anzahlen oder das Geld für die Qualifizierung der Mitarbeiter an der neuen Maschine nutzen.

Im Jahr des Kaufs kannst Du sogar noch mal 20 % als Sonderabschreibung geltend machen und damit auch im Jahr der Anschaffung Deine Steuerbelastung weiter reduzieren.

Investitionsbetrag 100.000 EUR
Investitionsabzugsbetrag (50 % der Investition) 50.000 EUR
AfA-Bemessungsgrundlagen 50.000 EUR
20 % Sonderabschreibung 10.000 EUR
Weniger Steuerzahlung im Jahr der Anschaffung (30 % von 10.000 EUR) 3.000 EUR

Du siehst, dass Du insgesamt 18.000 EUR an Steuerzahlungen in 2 Jahren vermieden hast. Die Liquidität kannst Du nutzen, um Dein Unternehmen wachsen zu lassen.

Das klingt gut – zu gut, um wahr zu sein! Wo ist der Haken?

Das ist eine berechtigte Frage. Dinge, die zu gut klingen, um wahr zu sein, sind das meistens auch.

Hier ist der Haken nicht in der Vermeidung der Steuerzahlung in den ersten beiden Jahren der Investition. Das ist geltendes Recht und gängige Praxis bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen.

Aber: Der Investitionsabzugsbetrag soll als Darlehen wirken und hieß daher bis vor ein paar Jahren auch Ansparabschreibung. Das machte den Charakter als Darlehen meiner Meinung nach deutlicher. Wie jedes Darlehen muss auch dieses Darlehen zurückgezahlt werden.

Die Rückzahlung erfolgt durch höhere Steuerzahlungen in den Jahren, in denen das Investitionsgut in Deinem Betrieb verbleibt. Du hast durch den Investitionsabzugsbetrag und die Sonderabschreibung in 2 Jahren schon 60 % des AfA-Volumens genutzt. Dieses AfA-Volumen steht Dir in den nächsten Jahren nicht mehr zur Verfügung.

Nehmen wir an, dass die Maschine 10 Jahre Nutzungsdauer hat.

Dann ergäbe sich die folgende Zeitreihe für die AfA (einmal mit / einmal ohne IAB):

Jahr AfA-Betrag ohne IAB / Sonder-AfA AfA-Betrag mit IAB / Sonder-AfA Differenz Steuerersparnis (+) / Steuerzahlung (-)
0 0 50.000 50.000 15.000
1 10.000 14.000 4.000 1.200
2 10.000 4.000 -6.000 -1.800
3 10.000 4.000 -6.000 -1.800
4 10.000 4.000 -6.000 -1.800
5 10.000 4.000 -6.000 -1.800
6 10.000 4.000 -6.000 -1.800
7 10.000 4.000 -6.000 -1.800
8 10.000 4.000 -6.000 -1.800
9 10.000 4.000 -6.000 -1.800
10 10.000 4.000 -6.000 -1.800
Summe 100.000 100.000 0 0

Die Nutzung des Investitionsabzugsbetrags und der Sonderabschreibung muss gut geplant werden, denn in den Jahren nach der Investition hast Du höhere Steuerzahlungen zu leisten.

Wenn die Maschine die Erwartungen erfüllt und gut ausgelastet ist, stellt das kein Problem dar, weil durch die höheren Gewinne auch mehr Cashflow zur Verfügung steht.

Wenn Du Dein Unternehmen als Personengesellschaft oder als Einzelunternehmen führst, musst Du noch sorgfältiger planen. Die Progression der Einkommensteuer kann in der langfristigen Betrachtung den Steuereffekt geringer ausfallen oder sogar negativ werden lassen.