Einspruch gegen die Grundsteuerwertbescheide: Ist das sinnvoll?

Momentan wird viel über das Thema „Einspruch gegen die Grundsteuerwertbescheide“ diskutiert. In den Medien wird teilweise sogar suggeriert, dass Sie durch das Einlegen eines Einspruchs keine Grundsteuer mehr bezahlen müssten. Doch stimmt das wirklich? In diesem Blogartikel setzen wir uns mit dieser Frage auseinander. Zudem erklären wir, ob ein Einspruch gegen die Grundsteuerwertbescheide tatsächlich sinnvoll ist.

Um das Thema zu beleuchten, schauen wir zunächst auf Folgendes: Wie geht das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Sachverhalten um, die schon länger verfassungswidrig sein könnten? Denn hier gibt es zwei Entscheidungen, die eine Antwort auf diese Frage erahnen lassen.

Wir ziehen dazu die Entscheidungen des BVerfG von 2018 und 2021 hinzu.

Entscheidung 1: Neuregelung der Grundsteuer

Die momentane Neuregelung der Grundsteuer beruht auf einem Urteil aus dem Jahr 2018. Darin hat das BVerfG die bis dahin gültige Grundsteuer als verfassungswidrig eingestuft. Damals hat das Gericht den Gesetzgeber aufgefordert, bis zum 31. Dezember 2019 eine neue Regelung für die Bewertung von Grundstücken und Gebäuden zu schaffen.

Obwohl die Grundsteuer verfassungswidrig war, hat das Gericht keine rückwirkende Änderung verlangt, sondern lediglich eine Neuregelung für die Zukunft gefordert. Die Entscheidung des Gerichts beruhte auf der Einschätzung, dass eine rückwirkende Änderung der Grundsteuer zu erheblichen Belastungen für den Staat führen würde.

Entscheidung 2: Höhe der Aussetzungszinsen

Genauso ist es bei der Frage abgelaufen, ob die Höhe der Aussetzungszinsen verfassungswidrig sei.

Hier hat das BVerfG im Urteil vom 18. August 2021 entschieden, dass die Zinsen ab dem Jahr 2014 (!) verfassungswidrig waren. Das Gericht stellte fest, dass der Zinssatz von 6 Prozent pro Jahr für Steuernachzahlungen und Steuererstattungen in den Jahren 2014 bis 2018 unverhältnismäßig hoch war.

Das Gericht forderte jedoch auch hier nur eine Neuregelung für die Zukunft, da eine rückwirkende Änderung zu erheblichen fiskalischen Belastungen für den Staat führen würde. Die verfassungswidrig erhobenen Zinsen für die Jahre 2014 – 2018 müssen nicht geändert oder zurückerstattet werden.

In der Begründung des Urteils heißt es: Der Gesetzgeber müsse einen “angemessenen Ausgleich zwischen dem Schutz des Steuerpflichtigen vor unzumutbaren Belastungen und den Belangen der Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit sowie den Erfordernissen einer geordneten Haushaltsführung” finden.

Wägen Sie gut ab, ob Sie Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid erheben wollen

Wahrscheinlichkeit einer Rückzahlung der Grundsteuer

Auf Basis dieser beiden Entscheidungen stellen wir nun eine Frage in den Raum:

Für wie wahrscheinlich halten Sie – angesichts des bisherigen Umgangs des BVerfG mit verfassungswidrigen Steuergesetzen – das Szenario, dass das Bundesverfassungsgericht in 10 bis 15 Jahren sagen wird:

“Liebe Gemeinden, die Grundsteuer ist leider verfassungswidrig und Ihr zahlt jetzt bitte die Grundsteuer komplett zurück. Ob Ihr dann pleite seid, das ist Euer Problem.”

Genau…

Sogar wenn das Gericht das so entscheiden würde:

Glauben Sie, dass eine Regierung politisch überleben würde, wenn dann nur ein Teil der Grundstückseigentümer die möglicherweise verfassungswidrige Steuer zurückerstattet bekommt – und der andere Teil nicht?

Ein nüchterner Blick auf die bisherige Rechtsprechung des BVerfG macht klar: Das Gericht ist auch immer ein politisches Gericht und lässt die fiskalischen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte in seine Urteile mit einfließen.

Einspruch gegen die Grundsteuerwertbescheide: Wägen Sie gut ab

Ein Einspruch schadet selbstverständlich nichts. Aber dass die gezahlte Steuer in ein paar Jahren zurückerstattet wird, darin sollten Sie keine zu hohen Erwartungen setzen.

Allerdings sollten Sie dafür keine hohen Honorare zahlen – und auch sehr genau überlegen, ob Sie im Falle einer (wahrscheinlichen) Abweisung Ihres Einspruchs ins Klageverfahren gehen wollen.

Die Kosten dieses Verfahrens müssen Sie komplett vorstrecken. Ob sich das angesichts der wahrscheinlich geringen Grundsteuer lohnt, müssen Sie für sich abwägen.