Was ist überhaupt das Problem?
Die Neubewertung der Grundsteuer, die im Zuge der Grundsteuerreform 2019 eingeführt wurde, sorgt bei vielen Grundstückseigentümern für Unsicherheit. Besonders dann, wenn der neue Grundsteuerwert den tatsächlichen Marktwert eines Grundstücks deutlich übersteigt, kann dies zu einer zu hohen Steuerlast führen. Es gibt jedoch eine Möglichkeit, die Steuerlast zu senken: durch den Nachweis eines tatsächlichen niedrigeren Werts für die Grundsteuer. In diesem Artikel erklären wir, wie diese Möglichkeit genutzt werden kann, welche Voraussetzungen dafür nötig sind und welche Vorteile sich daraus ergeben.
Hintergrund zur Grundsteuerreform
Mit dem Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts aus dem Jahr 2019 wurde die Grundsteuer neu geregelt. Ziel der Reform war es, die Grundsteuerbewertungen, die teilweise Jahrzehnte unverändert geblieben waren, auf eine aktuelle und gerechtere Grundlage zu stellen.
Durch diese Reform wurden die Grundsteuerwerte neu festgesetzt, was für einige Eigentümer deutliche Erhöhungen mit sich brachte. In vielen Fällen führte dies zu einer erheblichen Mehrbelastung. Der Gesetzgeber hat dazu ein standardisiertes Verfahren zur Bewertung der Grundstücke eingeführt, das auf bestimmten Eigenschaften basiert. Infolgedessen kam es manchmal zu Bewertungen, die über dem tatsächlichen Marktwert lagen.
Kann ich einen niedrigeren Wert für die Grundsteuer nachweisen?
Um zu hohe Steuerbelastungen zu vermeiden, können Eigentümer unter bestimmten Voraussetzungen einen niedrigeren tatsächlichen Wert nachweisen. Diese Möglichkeit gibt es offiziell im Bewertungsgesetz jedoch noch nicht. Bisher hat nur das Bundesland Nordrhein-Westfalen eine gesetzliche Regelung erlassen, die es erlaubt, einen niedrigeren Wert nachzuweisen und zur Berechnung der Grundsteuer zu nutzen.
In anderen Bundesländern gibt es jedoch eine sogenannte „Billigkeitsregelung“. Diese erlaubt es, bei offensichtlicher Überbewertung den Nachweis eines niedrigeren Marktwerts zu führen. Wenn der festgesetzte Grundsteuerwert mehr als 40 % über dem tatsächlichen Wert liegt, kann der niedrigere Wert zur Berechnung der Grundsteuer verwendet werden.
Voraussetzungen für den Nachweis eines niedrigeren Werts für die Grundsteuer
Um einen niedrigeren Wert für die Grundsteuer anzusetzen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Eigentümer müssen den niedrigeren Wert nachweisen, was auf verschiedene Weisen möglich ist:
- Gutachten von Sachverständigen: Ein anerkanntes Gutachten eines Sachverständigen, beispielsweise eines Gutachterausschusses oder eines zertifizierten Immobiliengutachters, kann den niedrigeren Wert belegen.
- Stichtagsnaher Kaufpreis: Alternativ kann ein Kaufpreis als Nachweis dienen, wenn er zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 31. Dezember 2022 vereinbart wurde und den tatsächlichen Wert des Grundstücks widerspiegelt.
Der Nachweis muss in einem formellen Verfahren beim Finanzamt eingereicht werden, das den festgelegten Wert prüft und gegebenenfalls anpasst. Dabei liegt die Beweislast beim Eigentümer. Deshalb ist ein fundiertes Gutachten oder ein stichhaltiger Kaufpreisnachweis zwingend erforderlich.
Was passiert, wenn ich keinen Einspruch eingelegt habe?
Auch wenn Sie keinen Einspruch gegen den Grundsteuermessbescheid eingelegt haben, gibt es noch eine Möglichkeit. Es gibt ein besonderes Verfahren im Bewertungsgesetz, das in solchen Fällen genutzt werden kann. Dieses Verfahren ist rechtlich komplex, weshalb wir empfehlen, hierbei die Unterstützung eines Steuerberaters in Anspruch zu nehmen.
Welche Vorteile ergeben sich für Eigentümer bei einem niedrigeren Wert für die Grundsteuer?
Der Nachweis eines tatsächlichen niedrigeren Werts für die Grundsteuer kann für Eigentümer eine erhebliche finanzielle Entlastung bedeuten. Besonders bei stark überbewerteten Grundstücken kann dies zu einer deutlichen Senkung der jährlichen Steuer führen. Außerdem bietet der Nachweis eines niedrigeren Werts rechtliche Sicherheit und schützt vor einer zu hohen Steuerlast. Wichtig ist, dass solche Anpassungen nicht nur für zukünftige Steuerbescheide, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch für bereits festgesetzte Bescheide gelten können.
Was muss ich tun, um von einem niedrigeren Wert für die Grundsteuer profitieren zu können?
- Frühzeitig handeln: Wenn Sie vermuten, dass der festgesetzte Wert zu hoch ist, sollten Sie schnell aktiv werden. Eine genaue Überprüfung des festgesetzten Werts kann sich lohnen.
- Gutachten einholen: Ein qualifiziertes Gutachten ist der sicherste Weg, um einen niedrigeren tatsächlichen Wert zu belegen. Wenden Sie sich an zertifizierte Sachverständige.
- Fristen beachten: Denken Sie daran, dass für den Einspruch gegen den Grundsteuerwert bestimmte Fristen gelten, die unbedingt eingehalten werden müssen.
Ist die Grundsteuer verfassungswidrig? Warum sollte ich trotzdem handeln?
Ist die Grundsteuer wirklich verfassungswidrig?
Ob die Grundsteuer verfassungswidrig ist, wurde bisher nicht abschließend geklärt. Es gibt viele Meinungen in der Presse, die behaupten, die Grundsteuer sei verfassungswidrig. Aber ohne eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bleibt dies unbestätigt.
Die bisherigen Urteile der Finanzgerichte (z. B. in Sachsen und Baden-Württemberg) haben die Verfassungswidrigkeit verneint, jedoch die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen. Oft wird gesagt, der BFH habe bereits entschieden, dass die Grundsteuer verfassungswidrig sei. Das ist jedoch nicht korrekt. Der BFH kann eine Verfassungswidrigkeit gar nicht feststellen und hat außerdem nicht entschieden, dass die Grundsteuer vollständig verworfen werden müsse. Stattdessen hat er dem Gesetzgeber einen großen Spielraum bei der Bewertung eingeräumt, auch für pauschale Methoden. Bemängelt wurde nur, dass es keine Möglichkeit gibt, einen geringeren Wert nachzuweisen.
Was würde passieren, wenn die Grundsteuer wirklich verfassungswidrig wäre?
Manche Kritiker der Grundsteuer erwecken den Eindruck, dass bei einer Verfassungswidrigkeit die gesamte Grundsteuer mit Zinsen zurückgezahlt werden müsste. Das ist jedoch höchst unwahrscheinlich.
Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht die Grundsteuer als verfassungswidrig einstufen sollte, ist es kaum vorstellbar, dass Gemeinden die Steuern mit Zinsen zurückzahlen müssten.
Bereits bei der alten Grundsteuer, die ebenfalls für verfassungswidrig erklärt wurde, ordnete das Bundesverfassungsgericht die Weitergeltung der damaligen Vorschriften bis Ende 2024 an. Dies geschah aus Rücksicht auf die finanziellen Interessen der Gemeinden. Es ist unwahrscheinlich, dass diesmal anders entschieden würde.
Fazit
Die Grundsteuerreform hat dazu geführt, dass viele Grundstücke neu bewertet wurden, oft mit einem höheren Wert als vorher. Wenn der festgelegte Wert Ihres Grundstücks deutlich über dem Marktwert liegt, haben Sie die Möglichkeit, einen niedrigeren Wert nachzuweisen und dadurch Ihre Steuerlast zu senken. Sollten Sie der Meinung sein, dass Ihr Wert zu hoch ist, zögern Sie nicht, sich an uns zu wenden. Wir helfen Ihnen gerne dabei, die notwendigen Schritte zu unternehmen und mögliche Vorteile zu nutzen.